JVA Bayreuth: Neue Vätergruppe und Familienberatung gestartet
Am 17. Juli 2023 sind eine Vätergruppe und eine Familienberatung in der JVA Bayreuth gestartet. Die beiden neuen Angebote finden alle zwei Wochen statt und ergänzen die bereits vorhandene Vater-Kind-Gruppe und das Ehe-Seminar. Durch den Ausbau der familienorientierten Angebote werden die Empfehlungen der Justizministerkonferenz 2018 wieder ein Stück weiter umgesetzt. Grundlage aller Angebote sind die UN-Kinderrechte.
Kinder von Inhaftierten
Die Inhaftierung eines Elternteils verändert das bestehende Beziehungssystem Familie grundlegend. Ein Elternteil ist unvermittelt alleinerziehend, für alles allein verantwortlich und AnsprechpartnerIn für nahezu sämtliche Themen. Die Kinder verlieren nicht nur den inhaftierten Elternteil, sondern erleben häufig den nicht-inhaftierten Elternteil als überfordert. Dieser muss viele Dinge klären und kämpft mit seinen eigenen Emotionen. Die Bedürfnisse des Kindes können dadurch auf der Strecke bleiben und das so notwendige, stabile familiäre Umfeld wird brüchig.
Schätzungen zufolge sind in Bayern jährlich 14.000 Kinder von der Inhaftierung eines Eltern-teils betroffen, deutschlandweit sind es 100.000 Kinder. Wissenschaftliche Untersuchungen ergaben, dass unter den betroffenen Kindern mehr als zwei Drittel unter negativen psychischen und physischen Folgen leiden.
Daher hat Anfang 2023 die Landesfachstelle Bayern vom Netzwerk KvI ihre Arbeit aufgenommen. Ziel ist die Sicherung der bestmöglichen Entwicklung von Kindern Inhaftierter.
Angebote in der JVA Bayreuth
Neben vielen anderen Problemstellungen plagt die inhaftierten Eltern oft die Sorge um ihre Familien. Zu diesen Sorgen zählen nicht nur die Aufrechterhaltung des Kontakts zum Partner bzw. zur Partnerin und den Kindern, sondern auch Erziehungsfragen oder die Regelung von Unterhalts- und Sorgerechtsfragen. Um über diese Sorgen und Nöte zu sprechen und offene Fragen zu beantworten hat das Netzwerk Kinder von Inhaftierten eine Vätergruppe und die Familienberatung initiiert. Durchgeführt werden die Angebote durch den Treffpunkt e.V.
Vätergruppe
Die Vätergruppe ist ein geschützter Raum, in dem die Inhaftierten die Möglichkeit zum Austausch haben. Zudem soll durch die Gruppe der bestmögliche Kontakt zwischen den inhaftierten Vätern und ihren Kindern ermöglicht werden. Geleitet wird die Gruppe von einer Sozialpädagogin. Neben dem Austausch werden relevante Themen und Inhalte eingebracht. Viele inhaftierte Väter beschäftigt:
- Wie sage ich meinem Kind, wo ich bin?
- Wie komme ich in die Vater-Kind-Gruppe?
- Wie gestalte ich einen Besuch für mein Kind gut?
- Wie kann ich den Briefkontakt altersgerechter gestalten?
Ziel ist die Väter weiterhin als Elternteile wahrzunehmen und ihnen nicht aufgrund der Inhaftierung ihre Rechte und Pflichten abzusprechen. Denn nach Haftende werden sie weiterhin Vater sein.
Familienberatung
In der Familienberatung werden die Inhaftierten dabei unterstützt, ihre (soziale) Verantwortung gegenüber ihrer Familie wahrzunehmen sowie ihre persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Angelegenheiten zu regeln. Folgende Themenbereiche werden in der Familienberatung besprochen:
- Erziehungsfragen und Anliegen zur Kommunikation mit dem Kind
- Unterstützung und Klärung in der Kommunikation mit dem Jugendamt oder anderen relevanten Behörden
- Unterstützung bei der Klärung von persönlichen Angelegenheiten im Hinblick auf die Familie
- Verbesserung der familiären Beziehungen zu Eltern, Partnerin und Kindern für ein stabiles Gefüge nach der Haftentlassung
- Auseinandersetzung mit Zukunftsperspektiven
Bedeutung von Familie für Resozialisierung
Die Familie ist einer der wichtigsten Faktoren für eine gelingende Resozialisierung. Sie bietet dem/der Gefangenen bei seiner Entlassung den sozialen Empfangsraum. Daher kommt den Familien von Strafgefangenen in der Diskussion um ein gelingendes Übergangsmanagement eine ganz besondere Rolle zu. Untersuchungen zeigen, wie wichtig positive soziale Bindungen für eine Neuorientierung sowie persönliche Entwicklung sind. Daher sind Angebote zur Aufrechterhaltung sozialer und familiärer Bindungen während der Haftzeit von großer Bedeutung.
Hintergrundinformationen
Das Strukturprojekt findet in Kooperation mit dem Bayerischen Staatsministerium der Justiz und dem Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales statt.
Die Landesfachstelle „Netzwerk Kinder von Inhaftierten Bayern“ wird von der Auridis Stiftung gefördert.