Gemeinsame Arbeitshilfe der Landesjugendämter Rheinland und Westfalen: Trennungs- und Scheidungsberatung und die Mitwirkung vor dem Familiengericht

Eine Trennung oder Scheidung ist für jede Familie eine herausfordernde Phase, die viele emotionale und organisatorische Aspekte mit sich bringt. Besonders belastend ist diese Situation jedoch für Kinder und Eltern, wenn ein Elternteil inhaftiert ist. Hier kommen die Beratungsangebote nach §§ 17 und 18 SGB VIII ins Spiel, die darauf abzielen, Eltern bei der Bewältigung dieser schwierigen Lebensphase zu unterstützen – unabhängig davon, ob es sich um eine Trennung aufgrund von Konflikten oder eine Inhaftierung handelt.

Beratungsanspruch für Eltern und Kinder

Nach § 17 SGB VIII haben Eltern Anspruch auf Beratung in Fragen der Partnerschaft, bei Familienkrisen, Trennung und Scheidung. Besonders bei Inhaftierung eines Elternteils kann diese Beratung entscheidend sein, um den betroffenen Eltern zu helfen, ihre jeweilige Rolle zu klären und einvernehmliche Lösungen zu finden, die eine förderliche Wahrnehmung der Elternverantwortung trotz Inhaftierung eines Elternteils ermöglichen und das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt stellen. Dabei spielt auch die Frage, wie der Kontakt zwischen Kind und inhaftiertem Elternteil im Sinne des Kindswohls aufrecht gehalten werden kann, eine wichtige Rolle. Betroffene Kinder und Jugendliche sind angemessen zu beteiligen.

Ein wichtiger Aspekt der Beratung kann auch darin bestehen, die Trennungssituation (hier: aufgrund der Inhaftierung eines Elternteils)kindgerecht zu kommunizieren. Eltern sind häufig überfordert mit der Frage: „Wie sage ich es meinem Kind, dass der Papa/die Mama im Gefängnis ist?“ Hier kann die Beratung Eltern zur Aufrichtigkeit gegenüber dem Kind ermutigen und darin unterstützen, die Inhaftierung behutsam zu vermitteln.

Begleiteter Umgang: Schutz und Unterstützung für Kinder

Der begleitete Umgang nach § 18 SGB VIII bietet Kindern von Inhaftierten eine wichtige Unterstützung. Kinder haben ein Recht auf regelmäßigen Kontakt zu ihren Eltern, selbst wenn diese inhaftiert sind – solange dies ihrem Wohl nicht widerspricht. Wenn der betreuende Elternteil aus emotionalen oder organisatorischen Gründen nicht in der Lage ist, diesen Kontakt zu ermöglichen, kann eine Begleitung durch qualifizierte Fachkräfte in Betracht kommen.

Der begleitete Umgang gibt den betroffenen Kindern die Möglichkeit, in einem geschützten und strukturierten Rahmen positive Erfahrungen mit ihrem inhaftierten Elternteil zu sammeln. Dies stärkt nicht nur die Bindung zwischen Kind und Elternteil, sondern fördert auch die emotionale Entwicklung des Kindes. Besonders bei langem oder abgebrochenem Kontakt bietet der begleitete Umgang die Chance, diesen vorsichtig wieder auf zu bauen und das Kind dabei emotional zu unterstützen.

Spezielle Herausforderungen für Fachkräfte

Das Familiensystem wird bei der Inhaftierung eines Elternteils empfindlich gestört. Durch die Zwangstrennung sind häufig die Kontaktmöglichkeiten zur Aufrechterhaltung der Beziehungen zu dem inhaftierten Elternteil erschwert. Der nicht-inhaftierte Elternteil muss sämtliche damit einhergehende Probleme psychischer, sozialer und wirtschaftlicher Ausprägung allein bewältigen, was ein hoher Stressfaktor ist. Er*Sie muss als plötzlich Alleinerziehende/r Funktionen und Rollen übernehmen, die vorher der inhaftierte Elternteil innehatte und die Erziehungsverantwortung für die unter der Inhaftierung leidenden Kinder tragen.

Die von der Inhaftierung eines Elternteils betroffenen Kinder können auf vielfältige Weise in ihrer emotionalen, kognitiven und sozialen Entwicklung beeinträchtigt werden. Daher stellt die Beratung bei Familienkrisen, Trennung und Scheidung nach § 17 SGB VIII im Kontext der Inhaftierung eines der Elternteile für die  Fachkräfte im Jugendamt eine (auch in organisatorischer Hinsicht) besondere  Herausforderung dar.

Fazit: Ein gerechtes und kindgerechtes System

Für Familien, in denen ein Elternteil inhaftiert ist, bietet die Beratung nach §§ 17 und 18 SGB VIII eine wertvolle Unterstützung. Sie hilft den Eltern, trotz schwieriger Umstände, einvernehmliche Lösungen zum Wohl ihrer Kinder zu finden. Der begleitete Umgang bietet bei Bedarf betroffenen Kindern die Möglichkeit, den Kontakt zu ihrem inhaftierten Elternteil aufrechtzuerhalten, wenn der betreuende Elternteil oder eine andere Bezugsperson nicht zur Verfügung stehen

Die Arbeitshilfe, die 2023 aktualisiert wurde, soll Fachkräften dabei helfen, diese anspruchsvolle Aufgabe mit fundierten rechtlichen und praktischen Leitlinien zu bewältigen. Sie bildet eine wichtige Grundlage, um Kindern und Eltern eine Perspektive zu geben, die über die bloße Trennung hinausgeht und das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt stellt.