Familienbeauftragte in allen bayerischen JVAen
In den Justizvollzugsanstalten Bayerns gibt es seit Ende 2024 Familienbeauftragte. Die Einführung dieser Funktion geht auf die Empfehlung CM/Rec(2018)5 des Ministerkomitees des Europarates zurück und soll dazu beitragen, die besondere Situation betroffener Familien stärker in den Blick zu nehmen. Ziel ist es, Kinder von inhaftierten Eltern bestmöglich zu unterstützen, ihnen und ihren Familien einen kindgerechten und unterstützenden Zugang zur Justizvollzugsanstalt zu ermöglichen. Die Familienbeauftragten übernehmen dabei eine Lotsenfunktion – sowohl innerhalb der JVAen als auch nach außen, etwa in Zusammenarbeit mit der Jugendhilfe.
Familienbeauftragte als Schlüsselstelle für Unterstützung und Vernetzung
Dank der engen Zusammenarbeit mit der Landesfachstelle und den Modell-JVAen St-Georgen-Bayreuth und Nürnberg wurde ein konkretes Aufgabenprofil entwickelt und mit dem Staatsministerium der Justiz abgestimmt, das als Orientierungshilfe für die Familienbeauftragten dient. Die Rolle kann individuell an die lokalen Bedürfnisse der jeweiligen Justizvollzugsanstalt angepasst werden.
„Die Familienbeauftragten fungieren als Ansprechpartner sowohl innerhalb der Justizvollzugsanstalten als auch für externe Fachkräfte und Organisationen. Sie sorgen dafür, dass Kinder und ihre inhaftierten Eltern bestmöglich unterstützt werden, indem sie familienorientierte Angebote koordinieren, den Zugang zu kindgerechten Besuchsmöglichkeiten erleichtern und wichtige Informationen bereitstellen“, erklärt Christiane Paulus, Leiterin der Landesfachstelle Netzwerk Kinder von Inhaftierten Bayern.
Erstes Treffen der Familienbeauftragten in Bayern
Im Januar 2025 kamen die bayerischen Familienbeauftragten erstmals zu einem gemeinsamen Austausch zusammen. An dem Treffen nahm auch das Bayerische Landesjugendamt teil, das über die Strukturen der Jugendhilfe informierte und Möglichkeiten der Zusammenarbeit aufzeigte. Die Teilnehmenden beschlossen, sich künftig jährlich zu treffen, um den Erfahrungsaustausch zu intensivieren und die Arbeit weiterzuentwickeln.
Dazu betont Bayerns Familienministerin Ulrike Scharf:
„Wenn Eltern eine Haftstrafe verbüßen müssen, ist das für ihre Kinder eine schmerzliche und tief in ihre Seele eingreifende Erfahrung. Das Thema ist mit großer Scham behaftet. Kinder können sich darüber nicht mit Lehrerinnen und Lehrern oder Gleichaltrigen austauschen. Umso wichtiger ist eine enge familienunterstützende Begleitung. Die Etablierung von Familienbeauftragten in ganz Bayern stärkt die Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Justiz. Das ist das Fundament, dass Hilfe und Unterstützung einfach, unkompliziert und schnell bei Familien ankommen.“
Zudem sollen neue familienorientierte Angebote in den Justizvollzugsanstalten entstehen, um die besonderen Bedürfnisse von Kindern und Eltern besser aufzugreifen. Auch die Informationsangebote sollen ausgebaut werden, insbesondere durch eine optimierte kindgerechte Darstellung auf der Homepage der Justiz Bayern.
Mit der Einführung der Familienbeauftragten setzt Bayern ein wichtiges Zeichen für die Stärkung familiärer Bindungen trotz Inhaftierung. Eine enge und gut koordinierte Unterstützung kann dazu beitragen, Kindern den Kontakt zu ihren Eltern in einer möglichst geschützten Umgebung zu ermöglichen und positive Entwicklungsbedingungen zu schaffen.
Bayerns Justizminister Georg Eisenreich:
„Die Bemühungen, die der bayerische Justizvollzug während der gesamten Zeit des Vollzugs um die Resozialisierung von Gefangenen unternimmt, sind äußerst vielfältig. Besondere Bedeutung kommt dabei der Förderung der Aufrechterhaltung familiärer und sonstiger sozialer Kontakte der Gefangenen zu. Vor allem die Familie gibt den Gefangenen Halt und kann sie auf dem Weg in ein Leben ohne Straftaten unterstützen. Die Familienbeauftragten als erste Ansprechpartner leisten in den Justizvollzugsanstalten einen wichtigen Beitrag, um familiäre Bindungen der Gefangenen zu stärken.“
Weitere Sensibilisierung und Vernetzung von Fachkräften durch Fachtagung „Kinder von Inhaftierten“ geplant
Um die Vernetzung weiter zu fördern und Fachkräfte für die besonderen Herausforderungen dieser Thematik zu sensibilisieren, findet im November 2025 eine Fachtagung zum Thema „Kinder von Inhaftierten“ statt. Im Mittelpunkt stehen die Bedeutung stabiler Bindungen für die kindliche Entwicklung und die Wahrung der Kinderrechte trotz elterlicher Inhaftierung. Die Veranstaltung richtet sich an Entscheidungstragende und Fachkräfte aus Justiz, Jugendhilfe, anderen relevanten Bereichen und an politische Mandatsträgerinnen und Mandatsträger. Das Staatsministerium der Justiz und das Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales beteiligen sich an der Fachtagung, um den interdisziplinären Austausch zu fördern, aktuelle Entwicklungen zu diskutieren, praxisnahe Unterstützungsangebote und nachhaltige Lösungsansätze zu stärken.