Die Vater-Kind-Gruppe des Treffpunkt e.V. in der JVA Nürnberg blickt auf 20 Jahre beeindruckender Arbeit zurück! In einem Interview geben Stephanie Schmidt und Beate Wölfel Einblicke in die Geschichte und die kontinuierliche Entwicklung des Angebotes. Sie schildern, wie das Projekt 2004 ins Leben gerufen wurde, um Kindern von inhaftierten Vätern trotz der schwierigen Umstände eine Möglichkeit zu geben, wertvolle Zeit mit ihren Vätern zu verbringen. Dabei berichten sie von Momenten des Wiedersehens, von den organisatorischen Herausforderungen im Gefängnisalltag und von der besonderen Kooperation mit der JVA Nürnberg, die die Umsetzung dieses Angebots erst ermöglicht.

Stephanie Schmidt und Beate Wölfel vom Treffpunkt e.V.

Besonders berührend ist dabei die Geschichte eines fünfjährigen Jungen, der nach langer Zeit seinen Vater wiedersieht und sich nicht mehr an dessen Stimme erinnern konnte – ein eindrückliches Beispiel dafür, welche Bedeutung die Vater-Kind-Gruppe für die betroffenen Familien hat. Das Projekt setzt darauf, die Vaterrolle auch während der Haft zu stärken, die Erziehungsverantwortung zu fördern und die Bindung für die Zeit nach der Entlassung aufrechtzuerhalten.

Darüber hinaus werfen die Interviewpartnerinnen einen Blick in die Zukunft: Neue kreative Ideen, wie sportliche Aktivitäten in der JVA, könnten das Angebot bereichern und weiterentwickeln. Das Interview zeigt, wie durch Vertrauen, Engagement und Zusammenarbeit mit der JVA Nürnberg eine Initiative entstehen konnte, die Familien spürbar unterstützt und die Resozialisierung fördert.

Erfahren Sie mehr über die Geschichte, die Herausforderungen und die Ansätze der Vater-Kind-Gruppe in diesem inspirierenden Interview!

In der Podcast-Folge „Hilde Kugler, wer kümmert sich um die Kinder von Inhaftierten“ von KontaktAufnahme – der Podcast des Bildungszentrums Nürnberg spricht Hilde Kugler, Gründerin des Netzwerks „Kinder von Inhaftierten“ (KvI), über ihre langjährige Arbeit und die Herausforderungen, denen sich Kinder und Familien von Inhaftierten stellen müssen. Seit über 30 Jahren setzt sie sich mit dem Treffpunkt e.V. in Nürnberg für die Unterstützung dieser oft übersehenen Gruppe ein. Aus dieser Arbeit heraus entstand ein bundesweites Netzwerk, das heute eine zentrale Rolle in der Beratung, Prävention und Förderung familienorientierter Ansätze spielt.

Veröffentlicht am: 17. Oktober 2024, KontaktAufnahme – der Podcast des Bildungszentrums
Moderation: Hannah Diemer | Im Gespräch: Hilde Kugler

Hilde Kugler

Ein besonders wichtiges Anliegen ist es, die Perspektive von Kindern sichtbar zu machen, deren Eltern im Strafvollzug sind. Kugler erklärt, wie Materialien wie der kindgerechte Flyer „Papa muss ins Gefängnis. Was jetzt?“ Kindern helfen, Antworten auf Fragen wie „Hat Papa mich noch lieb?“ zu finden und Orientierung in schwierigen Zeiten zu erhalten. Die Förderung familiärer Bindungen, so Kugler, sei nicht nur entscheidend für die Kinder, sondern auch für die erfolgreiche Resozialisierung von Inhaftierten.

Die Podcast-Folge widmet sich weiteren zentralen Themen: der Rolle von Angehörigen im Strafvollzug, Gewaltprävention und Opferhilfe sowie den gesellschaftlichen Herausforderungen, die mit diesem sensiblen Thema verbunden sind. Hilde Kugler bringt eine neue Perspektive in die Diskussion um Strafvollzug und Familienarbeit ein und zeigt Lösungsansätze, wie Kinder und Angehörige besser unterstützt werden können.

Hören Sie jetzt rein:

Die Inhaftierung des Partners führt oftmals zu einer großen Unsicherheit und wirft viele Fragen auf. In dieser herausfordernden Zeit ist es entscheidend, dass Angehörige von Inhaftierten die Unterstützung und Informationen erhalten, die sie benötigen. Deshalb hat die Landesfachstelle Netzwerk Kinder von Inhaftierten Bayern die Broschüre „Partner in Haft. Was nun?“ veröffentlicht. Sie gibt eine erste Orientierung, wenn ein Angehöriger inhaftiert wird.

Breite Zugänglichkeit durch Übersetzungen

Hier finden Sie die Sprachenübersicht der Broschüre "Partner in Haft. Was nun?" zum Download.Nicht alle Inhaftierten und ihre Angehörigen sprechen oder verstehen Deutsch, was in einer ohnehin schwierigen Zeit zusätzliche Hürden aufwirft. Oft fehlen ihnen wichtige Informationen, die ihnen helfen könnten, mit der Situation besser umzugehen. Deshalb wurde die Broschüre in mehrere Sprachen übersetzt, um möglichst vielen Menschen den Zugang zu erleichtern. Dies berücksichtigt die Vielfalt der betroffenen Familien und gewährleistet, dass die Unterstützung dort ankommt, wo sie gebraucht wird. Kommunikation und Verständnis sind entscheidend, um die Belastungen gemeinsam zu bewältigen.



Die Broschüre ist in folgenden Sprachen verfügbar:

Das Netzwerk Kinder von Inhaftierten ist bestrebt, Barrieren abzubauen und möglichst viele Menschen zu erreichen – unabhängig von ihrer Sprache.

Online-Verfügbarkeit für einfache Nutzung

Um sicherzustellen, dass diese wichtigen Informationen so vielen Menschen wie möglich zugänglich sind, ist die Broschüre „Partner in Haft“ unter www.netzwerk-kvi.de/haft verfügbar. Hier findet man die verschiedenen Sprachen zur Auswahl. Neben dem Online-Artikel in der jeweiligen Sprache besteht auch die Möglichkeit zum Download. So kann man sich die Broschüre ganz einfach selbst ausdrucken und bei Bedarf auch an Interessierte oder Betroffene weitergeben.

Lesen Sie auch: Papa muss ins Gefängnis. Was jetzt?


Im Rahmen der Aktionstage Gefängnis 2024 sprach das Netzwerk KvI mit Judith Feige vom Deutschen Institut für Menschenrechte über Kinderrechte und die Situation von Kindern inhaftierter Eltern. Das Interview beleuchtet Themen wie die Wahrung der Menschenwürde, die Rechte der Kinder auf Kontakt und Mitbestimmung sowie die bestehenden Herausforderungen im Strafvollzugssystem.

 

Frau Feige, das diesjährige Motto der Aktionstage Gefängnis lautet „Würde, Mitbestimmung, Teilhabe“. Vor diesem Hintergrund: Wie bewerten Sie die aktuelle Situation der Kinder von Inhaftierten in Deutschland, insbesondere aus kinderrechtlicher Perspektive?

Die Menschenwürde und damit natürlich auch die Würde des Kindes steht zu Beginn des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland. Sie wird gleich in Artikel 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 festgeschrieben, mit der die Vereinten Nationen den Prozess der internationalen Normierung von Menschenrechtsstandards einleiten.

Das Übereinkommen über die Rechte des Kindes der Vereinten Nationen von 1989 und damit die Kinderrechte fußen auf diesem menschenrechtlichen Grundgedanken. Die Kinderrechte verstehen Kinder und Jugendliche als eigenständige Persönlichkeiten mit eigenen Rechten, mit eigener Würde und eigenen Bedarfen. Im Zentrum der UN-Kinderrechtskonvention, die eine Vielzahl von verbindlichen Schutz-, Fürsorge- und Beteiligungsrechten vorsieht, steht die vorrangige Berücksichtigung des Kindeswohls. Kinder, deren Eltern von einer Haftstrafe betroffen sind, befinden sich in einer besonders verletzlichen Lebenslage. Für die gesamte Familie ist Haft oft verbunden mit sozialem Ausschluss und finanziellen Einschränkungen. Dazu kommt der „Verlust“ einer wichtigen Bezugsperson, denn ab der Inhaftierung ist ein Kontakt – wenn überhaupt – nur noch begrenzt möglich.

Wie gut Kinder die Haftstrafe eines Elternteils bewältigen, hängt maßgeblich von der Stabilität ihrer übrigen familiären Beziehungen, ihrem sozialen Umfeld sowie ihrer psychischen und physischen Verfassung ab. Auch die Ausstattung und Abläufe in den Gefängnissen rund um die unterschiedlichen Kontaktmöglichkeiten zum inhaftierten Elternteil spielen eine entscheidende Rolle. In unserer Arbeit in der Monitoring-Stelle haben wir Projekte kennengelernt, die zeigen, dass ein regelmäßiger, qualitativ hochwertiger Kontakt den Kindern helfen kann, ihre Entwicklung und Resilienz zu fördern. Dieser regelmäßige und qualitativ hochwertige Kontakt ist in Deutschland aktuell jedoch noch nicht für alle Kinder mit inhaftierten Eltern gegeben.

Kinder von Inhaftierten sind oft die unsichtbaren Leidtragenden der Haft ihrer Eltern. Inwieweit werden die Rechte und das Wohl dieser Kinder im aktuellen Strafvollzugssystem berücksichtigt? Wo sehen Sie die größten Defizite?

Die Besuchszeiten variieren von Bundesland zu Bundesland: Ob Kinder ihren inhaftierten Elternteil im Monat eine Stunde, zwei Stunden, vier Stunden oder länger sehen können, hängt davon ab, in welchem Bundesland ihr Vater oder ihre Mutter inhaftiert ist.

Aus einer kinderrechtlichen Perspektive gesprochen, ist das ein gravierendes Defizit, denn so gelten die Kinderrechte nicht für jedes Kind überall in Deutschland auf gleiche Weise.

Es ist auch ein Defizit, dass die Besuchsrechte in Deutschland den Inhaftierten zustehen. Es sollte ein gesondertes Besuchsrecht für Kinder geben, und zwar in allen Straf- und Justizvollzugsgesetzen der Länder, das einen Besuch mindestens einmal die Woche ermöglicht – für kleinere Kinder häufiger – und zusätzlich noch alternative Kommunikationsmöglichkeiten umfasst. Dazu gehört zum Beispiel Telefon und Videotelefonie. Übrigens fordert dies auch der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes. Dieser hat 2022 eine Reihe von Empfehlungen Kinder inhaftierter Eltern betreffend an Deutschland ausgesprochen.

Neben den Defiziten im Zugang zum Besuchsrecht von Kindern ist es wichtig, einen Blick auf die Durchführung des Besuchs- und Kontakts zu werfen. Denn auch das Besuchsumfeld in den Gefängnissen in Deutschland variiert stark. Manche Justizvollzugsanstalten halten kindgerechte Besuchsräume mit Spieleecken oder gar Apartments für Wochenendbesuche vor, in anderen sehen Kinder ihre Eltern in den normalen Besuchsräumen mit vielen weiteren Menschen. Informationen in kindgerechter Sprache sind in den Gefängnissen oft nur vereinzelt vorhanden und Justizbeamt*innen oder andere Fachkräfte wissen nur wenig über die Situation der Kinder. Es hat sich hier in den letzten Jahren zwar schon einiges getan, unsere Untersuchung 2023 hat aber gezeigt, dass es nach wir vor Handlungsbedarf gibt.

Die UN-Kinderrechtskonvention (Artikel 9) garantiert Kindern das Recht auf regelmäßigen Kontakt zu ihren Eltern, es sei denn, dies widerspricht ihrem Wohl. Wie gut ist dieses Recht für Kinder von Inhaftierten in Deutschland durchgesetzt und wo sehen Sie Verbesserungsbedarf?

Jedes Kind hat gemäß Artikel 9 Absatz 3 UN-KRK das Recht auf eine regelmäßige persönliche Beziehung und unmittelbaren Kontakt zu seinen Eltern, soweit dies nicht dem Kindeswohl widerspricht. Das gilt auch und insbesondere dann, wenn die Trennung aufgrund einer staatlichen Entscheidung entstand – wie beispielsweise der Inhaftierung eines Elternteils. In Deutschland werden die Bedarfe und Rechte von Kindern inhaftierter Eltern bereits seit längerem auf Ebene der Justizbehörden sowie Bundes- und Landesebene diskutiert.

Für uns als Monitoring-Stelle ist es wichtig, dass Bund, Länder und die Justizvollzugsanstalten ihrer Staatenpflicht aus der UN-Kinderrechtskonvention nachkommen und einen familiensensiblen Vollzug gestalten, der das Wohl des Kindes aus Artikel 3 UN-KRK berücksichtigt. Damit einhergehen sollen Mindeststandards für die Häufigkeit von Besuchen von Kindern – also nach kinderrechtlichen Vorgaben mindestens einmal wöchentlich, für kleinere Kinder auch häufiger. Dazu kommen kindgerechte Besuchsräume, die Möglichkeit zu Körperkontakt und Sport- sowie Spieleangebote während der Besuchszeiten – und zwar in jeder Justizvollzugsanstalt. Ein gutes Beispiel ist Nordrhein-Westfalen mit seinen Regelungen zum familiensensiblen Strafvollzug.

Einige Justizvollzugsanstalten arbeiten bereits eng mit Seelsorge, Initiativen und Verbänden zusammen, die die Angehörigen von Inhaftierten begleiten und viel Erfahrung im Umgang mit Kindern haben. Leider stellen wir immer wieder fest und es wird uns berichtet, dass die Kinder- und Jugendhilfe meist noch nicht sehr aktiv auf betroffene Kinder und ihre Familien zugeht. Der Bund könnte hier zu einer Klärung beitragen.

Kinder inhaftierter Eltern haben selten die Möglichkeit, bei Entscheidungen über den Kontakt zu ihren Eltern mitzureden. Wie könnte Mitbestimmung für diese Kinder besser integriert werden und welche strukturellen Änderungen wären nötig?

Die vorrangige Berücksichtigung des Kindeswohls (best interests of the child) aus Artikel 3 Absatz 1 UN-KRK ist untrennbar verbunden mit dem Recht auf Gehör und Berücksichtigung der Meinung des Kindes (Beteiligung) aus Artikel 12 UN-KRK. Diese beiden Artikel gehören zusammen und sie sind in Bezug aufeinander entstanden. Um Entscheidungen im besten Interesse des Kindes herbeizuführen, ist eine aktive Einbindung des Willens und der Wünsche des Kindes zwingend erforderlich. Damit rückt das Kind in den Mittelpunkt. Um dies im Kontext Strafvollzug zu berücksichtigen wäre ein Paradigmenwechsel nötig: Dann müsste bereits bei der Bemessung des Strafmaßes – also während des Strafprozesses – geprüft werden, ob die angeklagte Person Kinder hat und wie sich das Strafmaß auf die Kinder auswirken würde. Also Kinder müssten schon sehr viel früher als jetzt in ihren Rechten gesehen werden. Der UN-Ausschuss empfiehlt übrigens auch Haftalternativen zu prüfen. Zudem sollten Kinder bei der Ausgestaltung der späteren Besuchssettings und Kontaktmöglichkeiten mit einbezogen werden. Das gilt übrigens schon für Kinder, die noch nicht sprechen können. Sie zeigen sehr häufig über Gestik und Mimik welche Bedürfnisse sie haben oder wenn etwas nicht passt. Darüber hinaus machen hier die Empfehlungen des Europarats von 2018 zu Kindern inhaftierter Eltern sehr deutliche Vorgaben und damit eine Orientierung, wenn es um das Wohl und die Beteiligung von Kindern inhaftierter Eltern geht – eine Empfehlung, zu der sich in Deutschland sowohl von der JFMK als auch von der JUMIKO bekannt haben.

Die gesellschaftliche Stigmatisierung von Kindern inhaftierter Eltern ist ein großes Problem. Welche Ansätze sehen Sie, um das Stigma zu bekämpfen und diesen Kindern mehr gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen?

Der COPING-Studie von 2012 zufolge kann eine Verzahnung von Hilfssystemen entscheidend dazu beitragen, Kinder von inhaftierten Eltern psychisch zu entlasten. Zudem wäre es sehr wichtig, dass alle Fachkräfte, die mit Kindern und Jugendlichen mit Eltern in Haft zu tun haben, noch stärker über Kinderrechte informiert werden. Das würde helfen, zu sensibilisieren und einer Stigmatisierung und Diskriminierung von betroffenen Kindern und Familien entgegenzuwirken. Dafür gibt es schon eine Reihe von Info-Material – übrigens auch für betroffene Kinder direkt. Diese Materialien sollten unbedingt noch bekannter gemacht werden. Unsere Online-Abfrage von 2023 hat gezeigt, dass in etwa der Hälfte der Justizvollzugsanstalten, die wir befragt haben, Kinder- und Familienbeauftragte gibt. Dies sollte flächendeckend in jedem Gefängnis etabliert werden, damit Standards geschaffen, weiterentwickelt und überprüft werden können. Nicht zu unterschätzen ist, dass es Personen gibt, die für die Belange von Kindern und ihren Familien ansprechbar sind – und zwar vor Ort und ganz niedrigschwellig.

Können Sie uns Beispiele nennen, wo in Deutschland bereits Fortschritte in Bezug auf die Würde und Teilhabe von Kindern inhaftierter Eltern gemacht wurden? Welche Ansätze oder Projekte könnten anderen Bundesländern als Vorbild dienen?

In Deutschland setzen sich zahlreiche Projekte und Initiativen für die Rechte und Bedarfe von Kindern inhaftierter Eltern ein und leisten vielseitige Unterstützung. Es fällt mir ganz schwer, hier nur einige nennen zu können, denn diese Projekte und auch die Menschen dahinter, bieten ganz wertvolle Arbeit an wie zum Beispiel Besuchsbegleitung für die Familienangehörigen oder sie richten Spielgruppen und Feriencamps aus. Einen Überblick über aktuelle Initiativen gibt das bundesweite Netzwerk Kinder von Inhaftierten (KvI) auf seiner Internetseite, mit zusätzlichen Informationen direkt für Kinder. Die Internetplattform Juki-Online von Treffpunkt e.V. Nürnberg stellt eine Reihe von kindgerechten Materialien rund um die Inhaftierung eines Elternteils zur Verfügung.

Dem Netzwerk KvI ist es darüber hinaus gelungen, in sechs Bundesländern ein Strukturprojekt zu initiieren und über neu eingerichtete Landesfachstellen den Ausbau weiterer Angebote anzustoßen.

Zum Abschluss: Welche konkreten Schritte erhoffen Sie sich von der Politik, um die Lebenssituation von Kindern inhaftierter Eltern zu verbessern? Was muss sich kurzfristig und langfristig ändern?

Die Forderung, Kinderrechte innerhalb des Strafvollzugs zu berücksichtigen, mag aus vollzugspraktischer Sicht nachrangig erscheinen. Aus der Pflicht des Staates, die UN-KRK umzusetzen, folgt jedoch eine Verpflichtung für staatliche Akteure, eine Schlechterstellung von Kindern, deren Eltern inhaftiert sind, so weit wie möglich zu vermeiden.

Die Umsetzung der Kinderrechte, und hier besonders das Recht auf regelmäßigen und persönlichen Umgang mit beiden Elternteilen, der in einem an den Kinderrechten orientierten Setting stattfindet, liegt in der Verantwortung von Bund und Ländern.

Das soll kurzfristig flächendeckend umgesetzt werden. Auch die Kooperation und Verantwortung von Justiz sowie Familie und Soziales sollte sich kurzfristig bereits stark ändern, denn nur so kann die Situation von Kindern mit Eltern in Haft verbessert werden. Es müssen also alle ihre Verantwortungen ernst nehmen und zum Wohl von Kindern angehen!

Aktionstage Gefängnis Deutsches Institut für Menschenrechte

Nach ihrem eigenen, preisgekrönten Drehbuch gelang Chiara Fleischhacker eine authentische und klischeefreie Milieustudie voller Kraft, Hoffnung und Zärtlichkeit. Neuentdeckung Emma Nova brilliert in der Hauptrolle an der Seite des nicht minder überzeugenden Paul Wollin. Die Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW) verlieh VENA das Prädikat „besonders wertvoll“.

Inhalt

Jenny liebt ihren Freund Bolle, mit dem sie ein Kind erwartet. Was für andere das größte Glück bedeutet, löst in Jenny ambivalente Gefühle aus, denn das Leben hat ihr zuvor viel zugemutet. Sie ist mit der Justiz und dem Jugendamt aneinandergeraten und ihre Beziehung mit Bolle leidet zunehmend unter der Drogenabhängigkeit der beiden. Als ihnen die Familienhebamme Marla zugewiesen wird, reagiert Jenny zunächst wenig begeistert. Doch Marla verurteilt sie nicht und schafft es mit stoischer Geduld, ihr Vertrauen zu gewinnen. Je mehr Jenny Marla in ihr Leben lässt, desto mehr begreift sie, dass sie Verantwortung übernehmen muss – für ihre Vergangenheit, ihre Zukunft und das neue Leben, das in ihr heranwächst.

Hintergrund

VENA ist ein Film über die strukturelle Benachteiligung von – vorrangig nicht privilegierten – Frauen innerhalb unseres Gesellschafts- und Justizsystems. Es ist ein Film über die Notwendigkeit von Familienhilfe, von Hilfen für Frauen in Notlagen und über den notwendigen Schutz der Mutter-Kind-Bindung auch in belastenden Situationen, über das Spannungsfeld nachhaltiger, sinnvoller vs. traumatisierender Strafen. VENA zeigt das gesamte Dilemma, was es bedeutet aus dysfunktionalen Strukturen ausbrechen zu wollen, sich aus der Sucht zu befreien, aus persönlichen Krisen, der Einsamkeit, Kraft aus dem Mutterwerden zu schöpfen, aber immer wieder zurückgeworfen zu werden durch die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen.

VENA erzählt kraftvoll die Geschichte einer jungen Frau, deren erdrückende Lebensrealität wenig Perspektiven für ihr Leben zulässt, und die regelmäßig in den Rausch flüchtet, bis sie ungewollt schwanger wird. Für ihr Baby und eine bessere Zukunft stellt sie sich mit Unterstützung ihrer Familienhebamme ihrer Sucht, muss aber trotzdem schwanger ihre Gefängnisstrafe antreten, wo sie nach der Geburt in einem Justizsystem, das nicht auf Mütter ausgelegt ist, von ihrem Baby getrennt wird… Beraten wurde der Film zahlreichen Expert*innen wie u.a. durch Hilly Škorić von Hilfreich e.V., Eric und Edith Stehfest, Hebamme Sissi Rasche, die Regisseurin recherchierte intensiv in verschiedenen JVAs im Bundesgebiet.

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Eine Trennung oder Scheidung ist für jede Familie eine herausfordernde Phase, die viele emotionale und organisatorische Aspekte mit sich bringt. Besonders belastend ist diese Situation jedoch für Kinder und Eltern, wenn ein Elternteil inhaftiert ist. Hier kommen die Beratungsangebote nach §§ 17 und 18 SGB VIII ins Spiel, die darauf abzielen, Eltern bei der Bewältigung dieser schwierigen Lebensphase zu unterstützen – unabhängig davon, ob es sich um eine Trennung aufgrund von Konflikten oder eine Inhaftierung handelt.

Beratungsanspruch für Eltern und Kinder

Nach § 17 SGB VIII haben Eltern Anspruch auf Beratung in Fragen der Partnerschaft, bei Familienkrisen, Trennung und Scheidung. Besonders bei Inhaftierung eines Elternteils kann diese Beratung entscheidend sein, um den betroffenen Eltern zu helfen, ihre jeweilige Rolle zu klären und einvernehmliche Lösungen zu finden, die eine förderliche Wahrnehmung der Elternverantwortung trotz Inhaftierung eines Elternteils ermöglichen und das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt stellen. Dabei spielt auch die Frage, wie der Kontakt zwischen Kind und inhaftiertem Elternteil im Sinne des Kindswohls aufrecht gehalten werden kann, eine wichtige Rolle. Betroffene Kinder und Jugendliche sind angemessen zu beteiligen.

Ein wichtiger Aspekt der Beratung kann auch darin bestehen, die Trennungssituation (hier: aufgrund der Inhaftierung eines Elternteils)kindgerecht zu kommunizieren. Eltern sind häufig überfordert mit der Frage: „Wie sage ich es meinem Kind, dass der Papa/die Mama im Gefängnis ist?“ Hier kann die Beratung Eltern zur Aufrichtigkeit gegenüber dem Kind ermutigen und darin unterstützen, die Inhaftierung behutsam zu vermitteln.

Begleiteter Umgang: Schutz und Unterstützung für Kinder

Der begleitete Umgang nach § 18 SGB VIII bietet Kindern von Inhaftierten eine wichtige Unterstützung. Kinder haben ein Recht auf regelmäßigen Kontakt zu ihren Eltern, selbst wenn diese inhaftiert sind – solange dies ihrem Wohl nicht widerspricht. Wenn der betreuende Elternteil aus emotionalen oder organisatorischen Gründen nicht in der Lage ist, diesen Kontakt zu ermöglichen, kann eine Begleitung durch qualifizierte Fachkräfte in Betracht kommen.

Der begleitete Umgang gibt den betroffenen Kindern die Möglichkeit, in einem geschützten und strukturierten Rahmen positive Erfahrungen mit ihrem inhaftierten Elternteil zu sammeln. Dies stärkt nicht nur die Bindung zwischen Kind und Elternteil, sondern fördert auch die emotionale Entwicklung des Kindes. Besonders bei langem oder abgebrochenem Kontakt bietet der begleitete Umgang die Chance, diesen vorsichtig wieder auf zu bauen und das Kind dabei emotional zu unterstützen.

Spezielle Herausforderungen für Fachkräfte

Das Familiensystem wird bei der Inhaftierung eines Elternteils empfindlich gestört. Durch die Zwangstrennung sind häufig die Kontaktmöglichkeiten zur Aufrechterhaltung der Beziehungen zu dem inhaftierten Elternteil erschwert. Der nicht-inhaftierte Elternteil muss sämtliche damit einhergehende Probleme psychischer, sozialer und wirtschaftlicher Ausprägung allein bewältigen, was ein hoher Stressfaktor ist. Er*Sie muss als plötzlich Alleinerziehende/r Funktionen und Rollen übernehmen, die vorher der inhaftierte Elternteil innehatte und die Erziehungsverantwortung für die unter der Inhaftierung leidenden Kinder tragen.

Die von der Inhaftierung eines Elternteils betroffenen Kinder können auf vielfältige Weise in ihrer emotionalen, kognitiven und sozialen Entwicklung beeinträchtigt werden. Daher stellt die Beratung bei Familienkrisen, Trennung und Scheidung nach § 17 SGB VIII im Kontext der Inhaftierung eines der Elternteile für die  Fachkräfte im Jugendamt eine (auch in organisatorischer Hinsicht) besondere  Herausforderung dar.

Fazit: Ein gerechtes und kindgerechtes System

Für Familien, in denen ein Elternteil inhaftiert ist, bietet die Beratung nach §§ 17 und 18 SGB VIII eine wertvolle Unterstützung. Sie hilft den Eltern, trotz schwieriger Umstände, einvernehmliche Lösungen zum Wohl ihrer Kinder zu finden. Der begleitete Umgang bietet bei Bedarf betroffenen Kindern die Möglichkeit, den Kontakt zu ihrem inhaftierten Elternteil aufrechtzuerhalten, wenn der betreuende Elternteil oder eine andere Bezugsperson nicht zur Verfügung stehen

Die Arbeitshilfe, die 2023 aktualisiert wurde, soll Fachkräften dabei helfen, diese anspruchsvolle Aufgabe mit fundierten rechtlichen und praktischen Leitlinien zu bewältigen. Sie bildet eine wichtige Grundlage, um Kindern und Eltern eine Perspektive zu geben, die über die bloße Trennung hinausgeht und das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt stellt.

Am 13. Juni 2024 fand in Berlin die internationale COPE-Jahreskonferenz unter dem Titel „Let’s Talk to One Another: A Cross-Sectoral Approach for Children with a Parent in Prison“ statt. Organisiert vom Treffpunkt e.V. in Zusammenarbeit mit COPE (Children of Prisoners Europe) brachte die Konferenz über 200 Expert:innen aus mehr als 20 Ländern zusammen. Vertreter:innen aus Ministerien, Justizvollzugsanstalten, Jugendämtern, NGOs, Bildungseinrichtungen und der Wissenschaft diskutierten über die Rechte und Bedürfnisse von Kindern inhaftierter Eltern. Ziel war die Stärkung eines sektorübergreifenden Ansatzes zur Unterstützung der Kinder von Inhaftierten, die mit erheblichen sozialen, emotionalen und psychologischen Herausforderungen konfrontiert sind.

Kontext und Ziele der COPE-Konferenz

Die COPE-Konferenz stellte die besonderen Bedürfnisse und Rechte von Kindern inhaftierter Eltern in den Mittelpunkt, deren Situation sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene oft vernachlässigt wird. In Deutschland sind schätzungsweise 100.000 Kinder von der Inhaftierung eines Elternteils betroffen – die Dunkelziffer dürfte weitaus höher liegen. Das bedeutet, es gibt mehr betroffene Kinder als Inhaftierte selbst.

Diese Kinder sind häufig mit sozialer Ausgrenzung, psychischem Stress und dem Stigma der Inhaftierung eines oder beider Elternteile konfrontiert. Obwohl das Bewusstsein für diese Problematik in den letzten Jahren gestiegen ist, fehlt es immer noch an umfassenden und ganzheitlichen Unterstützungsangeboten.

Daher wurde 2018 das Netzwerk Kinder von Inhaftierten (KvI) vom Treffpunkt e.V. aufgebaut. Es vereint eine Vielzahl von Akteur:innen aus Justiz, Jugendhilfe, Politik, Verbänden, freien Trägern, Wissenschaft und Kinderrechtsvertreter:innen, die mit betroffenen Kindern im Kontakt sind, für sie Verantwortung tragen oder die vulnerable Zielgruppe unterstützen möchten. Seit 2022 besteht ein Strukturentwicklungsprojekt (gefördert durch die Auridis Stiftung) mit dem Ziel, eine sektorübergreifende Zusammenarbeit zu fördern und die bestmögliche Entwicklung der betroffenen Kinder sicherzustellen. Das Netzwerk KvI umfasst die Bundesinitiative sowie Landes- bzw. Koordinierungsstellen in Bayern, Berlin, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfahlen zusammen. Weitere Bundesländer sind im Gespräch.

Die COPE-Konferenz bot eine ideale Plattform, um diese Bemühungen durch internationale Best-Practice-Beispiele und innovative Ansätze zu stärken. Ziel war es, sektorübergreifende Lösungsansätze zu entwickeln, die den betroffenen Kindern sowie ihren Familien und den inhaftierten Elternteilen konkrete Hilfen bieten.

Kernforderungen zur Unterstützung von Kindern inhaftierter Eltern

  1. Verbesserung der Besuchszeiten und Unterstützung: Der UN-Ausschuss für Kinderrechte und das Ministerkomitee des Europarats haben klare Empfehlungen ausgesprochen, um die Situation von Kindern inhaftierter Eltern zu verbessern. Dazu gehören häufigere Besuchszeiten, kinderfreundliche Umgebungen und umfassende Unterstützung für Eltern und Kinder während und nach der Haftzeit.
  2. Interdisziplinäre Zusammenarbeit: Die Konferenz betonte die Notwendigkeit der Zusammenarbeit zwischen Justiz, Jugendhilfe und anderen relevanten Sektoren. Dies beinhaltet Schulungen und Sensibilisierungsmaßnahmen für alle Berufsgruppen, die mit betroffenen Kindern in Kontakt kommen.
  3. Chancengleichheit und Ressourcen: Ein zentrales Anliegen ist die Sicherstellung der Chancengleichheit für alle Kinder von Inhaftierten, unabhängig von ihrem Wohnort. Dies erfordert ein abgestimmtes Vorgehen der Bundesländer und ausreichende finanzielle Mittel von Bund und Ländern.

Hilde Kugler, Geschäftsführerin Treffpunkt e.V. und Leitung Netzwerk KvI, begrüßt die Teilnehmer*innen der COPE-Konferenz.Moderation und Grußwortredner

Nachdem Hilde Kugler, Geschäftsführerin Treffpunkt e.V. und Leitung Netzwerk KvI, die Teilnehmenden herzlich begrüßt hatte, folgten Grußworte von hochrangigen Vertreter:innen unterschiedlicher Institutionen. Christian Richard, Referatsleiter und stellvertretender Leiter der Abteilung III für Justizvollzug, Gnadenwesen und Soziale Dienste in Berlin, eröffnete die Reden, gefolgt von Dr. Meike Kazmierczak, Leiterin des Referats Kinderrechte im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Zudem sprachen Margaret Tuite, Präsidentin von COPE, und Marc von Krosigk, Geschäftsführer der Auridis Stiftung.

Claudia Kittel, Leitung der Monitoring-Stelle zur UN-Kinderrechtskonvention (KRK) des Deutschen Instituts für Menschenrechte, führte als ausgewiesene Expertin im Bereich Kinderrechte durch den Tag. Mit ihrer langjährigen Erfahrung in der Überwachung der Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland verlieh sie der Veranstaltung eine fachlich fundierte und zielgerichtete Struktur. Ihre Moderation ermöglichte es, die verschiedenen Perspektiven der Konferenzteilnehmenden auf die Rechte und Bedürfnisse der Kinder von Inhaftierten zusammenzuführen.

Ein Erfahrungsbericht: Die Stimme einer Betroffenen

Ein besonders bewegender Moment der Konferenz war der anschließende Erfahrungsbericht einer jungen Erwachsenen, die mit einem inhaftierten Vater aufgewachsen ist. Sie schilderte eindrucksvoll, wie schwer es war, mit dem Stigma und der Isolation umzugehen, die die Inhaftierung ihres Vaters mit sich brachte. Ihre Geschichte war eine eindrucksvolle Erinnerung daran, wie wichtig es ist, die Stimmen der betroffenen Kinder in den Mittelpunkt der Diskussion zu stellen.

Deutsche Perspektive: Fragmentierte Unterstützung und dringender Handlungsbedarf

Ein Schwerpunkt der Konferenz lag auf den besonderen Herausforderungen in Deutschland. Claudia Kittel und Judith Feige stellten die Arbeit der Monitoring-Stelle zur UN-KRK des Deutschen Instituts für Menschenrechte vor und beleuchteten die rechtlichen sowie strukturellen Defizite im Umgang mit Kindern inhaftierter Eltern. Sie wiesen darauf hin, dass es zwar klare Verpflichtungen aus der UN-Kinderrechtskonvention gibt, jedoch keine einheitlichen Standards existieren. So gibt es beispielsweise erhebliche Unterschiede bei den Besuchsregelungen der 16 Bundesländer. Während einige Bundesländer flexible Besuchsmöglichkeiten bieten, die es den Kindern erleichtern, den Kontakt zu ihrem inhaftierten Elternteil aufrechtzuerhalten, sind die Regelungen in anderen Bundesländern deutlich restriktiver. Justina Dzienko, stellvertretende Direktorin von EuroPris mit Sitz in Den Haag, Niederlande, ergänzte diese Perspektive und hob hervor, dass diese regionalen Unterschiede zu erheblichen Ungleichbehandlungen der betroffenen Familien führen und es den Kindern erschweren, eine stabile Beziehung zu ihrem inhaftierten Elternteil zu pflegen.

Beide Präsentationen unterstrichen die Notwenigkeit, diese Unterschiede zu überwinden und auf nationaler Ebene eine einheitliche sowie kindgerechte Regelung zu schaffen, um die Rechte der betroffenen Kinder nachhaltig zu schützen. Dafür bedarf es einer bundesweiten Richtlinie, die sicherstellt, dass alle Kinder die Möglichkeit haben, ihren inhaftierten Elternteil regelmäßig unter kindgerechten Bedingungen zu besuchen.

Der deutsche Ansatz des Netzwerk KvI: „Top-down“ und „Bottom-up“

In ihrer gemeinsamen Präsentation legten Hilde Kugler von der Bundesinitiative Netzwerk Kinder von Inhaftierten (KvI) und Ben Spöler von der Auridis Stiftung den Fokus auf den deutschen Ansatz, der eine Kombination aus „Top-down“- und „Bottom-up“-Strategien verfolgt. Sie betonten, dass die Umsetzung internationaler Empfehlungen, wie der UN-Kinderrechtskonvention und der Europaratsempfehlungen, durch nationale Maßnahmen unterstützt wird. Ein zentraler Aspekt ist die Zusammenarbeit zwischen Justiz- und Jugendhilfesystemen, um die Rechte von Kindern Inhaftierter zu stärken. Dabei geht es u.a. um die Verbesserung von Besuchsrechten, die Einrichtung kindgerechter Besuchsbereiche in Gefängnissen und die Förderung der Eltern-Kind-Bindung.

Die Auridis Stiftung, die sozialpolitische Projekte zur Unterstützung von Kindern in herausfordernden Lebenslagen fördert, stellte ihre Arbeit zur strukturellen Verbesserung von Unterstützungsangeboten für Kinder von Inhaftierten vor.

Innovative Praxisprojekte in Deutschland: Stärkung familiärer Bindungen

Wie Angebote für Kinder von Inhaftierten praktisch umgesetzt werden können, stellte Anja Seick, Freie Hilfe Berlin e.V. und Koordinierungsstelle Netzwerk KvI Berlin, vor. Der Freie Hilfe Berlin e.V. bietet seit vielen Jahren Projekte wie Elterngruppen, Spielzeugbau und Kreativworkshops in Berliner Gefängnissen an.

Zusätzlich unterstützt das Familienprojekt „aufGefangen“ betroffene Familien durch Beratungsangebote in fünf Männervollzugsanstalten und im offenen Vollzug. Freizeitaktivitäten, wie Spielplatzbesuche oder gemeinsame Gruppenreisen, stärken die Bindung zwischen inhaftierten Eltern und ihren Kindern. Durch regelmäßige Besuche, intensive Beratung und psychosoziale Betreuung wird die Bindung zwischen den Vätern und ihren Kindern gestärkt. Das Projekt zeigt, wie wichtig es ist, die familiäre Bindung auch während der Haftzeit zu pflegen, um den Kindern emotionale Stabilität und Unterstützung zu bieten.

Internationale Best-Practice-Beispiele und innovative Ansätze

Ein zentrales Anliegen der COPE-Konferenz war der Austausch internationaler Best-Practice-Beispiele, die den Schutz und das Wohl von Kindern Inhaftierter fördern.

Großbritannien: Zusammenarbeit von Polizei und freien Trägern

Ein Konferenzhighlight war die Präsentation von Sergeant Russ Massie, Thames Valley Violence Prevention Partnership, aus Großbritannien. Er zeigt in seinem Vortrag ein beeindruckendes und berührendes Video, in dem er mit Kindern und Jugendlichen sprach, die die Inhaftierung ihres Elternteils miterleben mussten. Er hob hervor, wie bedeutsam es ist, die Stimmen der Betroffenen zu hören, Vertrauen aufzubauen und das Bewusstsein für gemeinsame Prioritäten zu schärfen. Daher hat er ein innovatives Programm zur kindgerechten Gestaltung von Verhaftungen entwickelt. Ziel des Programms ist es, Verhaftungen so zu gestalten, dass sie für die Kinder weniger traumatisch sind. Diese Initiative zeigt, wie wichtig ein kindgerechter Ansatz in allen Phasen des Strafverfahrens ist – von der Verhaftung bis zur Inhaftierung der Eltern.

Portugal: Zusammenarbeit mit der Justiz

Chandra Gracias, Judge Central Civil Court of Lisbon, betonte die Bedeutung einer kindgerechten Justiz bei der Entscheidung, ob ein Kind persönlichen Kontakt zu einem inhaftierten Elternteil haben sollte. Unter Bezugnahme auf die UN-Kinderrechtskonvention erklärte sie, dass das Kindeswohl stets im Mittelpunkt stehen muss und in jedem Fall individuell unter Berücksichtigung der Ansichten und Bedürfnisse des Kindes zu bewerten ist. Dabei stellte sie den portugiesischen „3 C’s“-Ansatz (Wissen, Bewusstsein und Stärkung) vor, der darauf abzielt, die Auswirkungen von Verhaftungen auf Kinder zu minimieren und eine interprofessionelle Zusammenarbeit zu fördern.

Griechenland: NESTOR-Projekt

Christine Maerkl, Clinical Psychologist und Trainer in Correctional Services, erörterte die Herausforderungen und Lösungen für inhaftierte Väter in Griechenland. Sie wies auf die Überbelegung, die schlechten Bedingungen und den Mangel an Aktivitäten in den Gefängnissen hin und stellte das NESTOR-Projekt vor, dass das Ziel hat, die Elternkompetenz inhaftierter Väter zu stärken sowie die Familienbeziehungen zu verbessern. Zudem werden die Väter bei der Wiedereingliederung unterstützt.

Indien: Aangan Trust

Dr. Smita Dharmamer aus Indien stellte die Arbeit des Aangan Trust vor, einer Organisation, die Kinder von inhaftierten Müttern unterstützt. Der Aangan Trust setzt sich dafür ein, dass Mütter trotz ihrer Inhaftierung eine enge Bindung zu ihren Kindern aufrechterhalten können. Zu diesem Zweck schafft der Trust in den Gefängnissen mitfühlende und nicht stigmatisierende Umgebungen, etwa durch gemeinschaftliche Kinderkrippen und spezielle Familienräume. Solche Programme sind entscheidend, um den betroffenen Kindern emotionale Stabilität und Unterstützung zu bieten.

Niederlande: „Our Stories Matter“

Annelyn Smit und Marieke van Zwam stellten das Projekt „Our Stories Matter“ aus den Niederlanden vor, das auf die sinnvolle Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in der Politikgestaltung und Gefängnisreform abzielt. Zusammen mit Marieke van Zwam betonte Annelyn Smit die Bedeutung, die Stimmen der Kinder von Inhaftierten aktiv in politische Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Das Projekt schafft Plattformen, auf denen Kinder ihre Erfahrungen teilen können.

Vernetzung und sektorübergreifender Austausch

Neben den Vorträgen bot die Konferenz auch reichlich Gelegenheit für den persönlichen Austausch und die Vernetzung der Teilnehmenden. In den Pausen sowie bei der anschließenden Spreefahrt wurden zahlreiche neue Kontakte geknüpft, die den Grundstein für zukünftige Kooperationen und gemeinsame Projekte legten.

Fazit: Sektorübergreifende Zusammenarbeit als Schlüssel

Die COPE-Jahreskonferenz 2024 hat deutlich gemacht, dass eine sektorübergreifende Zusammenarbeit unerlässlich ist, um die Situation von Kindern inhaftierter Eltern nachhaltig zu verbessern. Sowohl nationale als auch internationale Beispiele zeigen, dass durch innovative Programme und einen ganzheitlichen Ansatz positive Veränderungen erzielt werden können. Der Erhalt der familiären Bindungen während der Haft und die Förderung der psychosozialen Gesundheit der Kinder müssen als zentrale Prioritäten behandelt werden, um diesen Kindern eine bessere Zukunft zu ermöglichen.

Ein zentraler Punkt war dabei die Forderung nach einer stärkeren Berücksichtigung der Rechte der Kinder gemäß der UN-Kinderrechtskonvention. Um dies zu erreichen, müssen soziale Dienste, Justiz und Bildungseinrichtungen noch enger zusammenarbeiten. Die Konferenz hat gezeigt, dass es möglich ist, innovative Lösungen zu entwickeln, wenn alle beteiligten Akteur:innen an einem Strang ziehen.

Im Juli veröffentlichte die Bundesarbeitsgemeinschaft für Straffälligenhilfe e.V. (BAG-S) aktuelle Daten zum Mutter-Kind-Vollzug in Deutschland. Die Studie zeigt dringenden und umfassenden Handlungsbedarf auf. Im Gespräch mit Christina Müller-Ehlers, der Geschäftsführerin der BAG-S, beleuchtet das Netzwerk Kinder von Inhaftierten die zentralen Ergebnisse der Studie, diskutiert die drängendsten Probleme und erfährt mehr über notwendige Reformen, um den Schutz und die Förderung von Kindern inhaftierter Mütter zu gewährleisten.

Welche Erkenntnisse haben Sie aus Ihrer Anfrage an die Landesjustizministerien im Zeitraum 2017 bis 2022 gewonnen? Gab es Aspekte, die Sie besonders überrascht oder besorgt haben?

Die Anfrage an die Landesjustizministerien hat dieses Thema der gemeinsamen Unterbringung von Müttern mit ihren Kindern wieder in den Fokus gerückt. Die letzten verfügbaren Zahlen sind aus dem Jahr 2010.

Derzeit gibt es in neun Bundesländern insgesamt 160 Haftplätze für Mütter mit ihren Kindern, während etwa 2600 Frauen inhaftiert sind, von denen rund zwei Drittel Kinder haben. Es bleibt unklar, ob die vorhandenen Plätze ausreichend sind, denn die Anforderungen an die Mütter sind oft so hoch, dass viele Anträge aufgrund ihrer Lebenssituation abgelehnt werden. Leider konnten wir durch die Anfrage nicht genau herausfinden, wie viele Ablehnungen es tatsächlich gibt.

Ein weiterer Punkt ist, dass die Belegungszahlen zeigen, dass der offene Vollzug fast nie voll ausgelastet ist. Dies liegt daran, dass die Mütter nicht nur die Kriterien für den Mutter-Kind-Vollzug erfüllen müssen, sondern auch für den offenen Vollzug geeignet sein müssen. Diese doppelten Hürden führen dazu, dass viele Mütter keinen Zugang zu diesen Plätzen erhalten.

Besonders auffällig ist die Tatsache, dass viele Bundesländer gar keine oder nur eingeschränkte Möglichkeiten zur Unterbringung von Müttern mit ihren Kindern bieten. Diese fehlende Einheitlichkeit führt zu ungerechten Bedingungen für die betroffenen Familien.

Erschreckend ist zudem, dass Geburten im deutschen Strafvollzug lediglich geschätzt werden und es keine systematische Erfassung dieser Ereignisse gibt. Eine präzise und umfassende statistische Erhebung ist dringend notwendig, um die Situation der betroffenen Frauen und Kinder besser beurteilen und verbessern zu können.

Die Umfrage zeigt, dass die Regelungen im Mutter-Kind-Vollzug je nach Bundesland sehr unterschiedlich sind. Welche Auswirkungen hat diese Vielfalt auf die betroffenen Mütter und Kinder und wie bewerten Sie die bestehenden Regelungen?

In 13 Bundesländern gibt es die Möglichkeit, Frauen im Strafvollzug unterzubringen, während Rheinland-Pfalz, Thüringen und Sachsen-Anhalt Verwaltungsvereinbarungen mit anderen Bundesländern haben. Allerdings existieren spezielle Mutter-Kind-Abteilungen nur in neun Bundesländern. Diese Abteilungen sind teilweise Teil des regulären Strafvollzugs, während sie in Einrichtungen wie Aichach, Vechta oder Frankfurt am Main als Jugendhilfeeinrichtungen gelten. Letzteres bietet den Müttern und Kindern ganz andere Möglichkeiten der Betreuung und Unterstützung.

Diese Unterschiede führen dazu, dass die Chancen auf einen gut ausgestatteten Mutter-Kind-Vollzug stark vom Wohnort abhängen. Hinzu kommen die unterschiedlichen Anforderungen an die Mütter, die je nach Bundesland variieren. In Bundesländern, in denen Mutter-Kind-Abteilungen als Jugendhilfeeinrichtungen geführt werden, gibt es eine deutlich bessere pädagogische Betreuung und Unterstützung für die Mütter und ihre Kinder. Das bedeutet jedoch auch, dass eine Mutter in Hamburg ganz andere Kriterien erfüllen muss als eine Mutter in Frankfurt.

Was sind die größten Herausforderungen, denen der Mutter-Kind-Vollzug in Deutschland aktuell gegenübersteht? Gibt es besondere Problemfelder, auf die Sie als BAG-S immer wieder aufmerksam machen?

Eine der größten Herausforderungen ist die Schaffung gleicher Bedingungen für Mütter und Kinder im Strafvollzug. Derzeit variieren die Regelungen und die Qualität der Unterbringung je nach Bundesland stark. Diese Ungleichheit führt zu einer Ungerechtigkeit, da die Chancen auf eine angemessene Unterbringung von Müttern und Kindern stark vom Wohnort abhängen.

Der Wohnort einer Mutter sollte nicht darüber entscheiden, ob sie mit ihrem Kind zusammenbleiben kann. Es fehlen flächendeckende Unterbringungsmöglichkeiten, und viele Mütter müssen weit reisen, um Zugang zu Mutter-Kind-Abteilungen zu erhalten, was oft eine Trennung von dem Rest der Familie bedeutet. Es müssen dringend mehr Kapazitäten geschaffen werden, damit Mütter, die die Kriterien für eine Mutter-Kind-Abteilung erfüllen, nicht von ihren Kindern getrennt werden, nur weil es nicht genügend Plätze gibt.

Ein weiteres großes Problem ist die Sicherstellung des Kindeswohls im Strafvollzug. Kinder wachsen in einem Umfeld auf, das nicht auf ihre Bedürfnisse ausgelegt ist, was langfristige negative Auswirkungen auf ihre Entwicklung haben kann. Deshalb müssen mehr offene Plätze für Mütter mit Kindern geschaffen werden, die kindgerechtere Bedingungen bieten. Zusätzlich muss der bürokratische Aufwand für vollzugsöffnende Maßnahmen reduziert werden, damit Mütter leichter Zugang zu diesen Plätzen erhalten.

Ein zentrales Thema ist die hohe Zahl von Frauen im Strafvollzug, die an psychischen Beeinträchtigungen leiden. Diese Frauen sind besonders gefährdet, keine Chance auf eine gemeinsame Unterbringung mit ihren Kindern zu bekommen. Es ist dringend erforderlich, Mechanismen zu entwickeln, um auch diesen Frauen die Möglichkeit zu geben, mit ihren Kindern zusammenzubleiben. Dies erfordert spezielle Unterstützungsangebote und Betreuung, um sicherzustellen, dass sowohl das Wohl der Mutter als auch das des Kindes gewährleistet ist.

Die psychosoziale Betreuung von Müttern mit ihren Kindern ist in vielen Einrichtungen unzureichend. Mütter, die im Strafvollzug sind, benötigen umfangreiche Unterstützung, um ihre Erziehungsfähigkeiten zu stärken und die Bindung zu ihren Kindern zu fördern. Es ist dringend notwendig, die psychosozialen Betreuungsangebote in den Mutter-Kind-Abteilungen auszubauen. Dies umfasst regelmäßige Beratungen zur Kindesentwicklung und die Unterstützung bei der Erziehungsarbeit.

In Ihren Berichten fordert die BAG-S einheitliche Mindeststandards für den Mutter-Kind-Vollzug. Welche konkreten Veränderungen halten Sie für notwendig, um die Situation der betroffenen Familien zu verbessern?

Wir wollen sicherstellen, dass jede Mutter in Deutschland – unabhängig vom Wohnort – die gleichen Chancen auf eine gemeinsame Unterbringung mit ihrem Kind hat. Es darf nicht sein, dass eine Mutter in Bayern bessere Möglichkeiten hat als eine in Thüringen. Um dies zu gewährleisten, ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Jugendhilfe und Justiz unerlässlich. Diese beiden Systeme müssen eng verzahnt arbeiten, um sicherzustellen, dass sowohl die Bedürfnisse der Kinder als auch die der Mütter berücksichtigt werden.

Wie sehen Sie die Rolle psychosozialer Unterstützung im Mutter-Kind-Vollzug? Sind diese Angebote in allen Bundesländern ausreichend vorhanden, und wie könnte eine flächendeckendere Versorgung aussehen?

Psychosoziale Unterstützung spielt eine zentrale Rolle im Mutter-Kind-Vollzug. Diese Angebote sind jedoch nicht flächendeckend vorhanden. Um eine flächendeckendere Versorgung sicherzustellen, müssten mehr qualifizierte Fachkräfte in die Mutter-Kind-Abteilungen integriert werden. Besonders wichtig sind regelmäßige Beratungen zur Kindesentwicklung und Unterstützung bei der Erziehungsarbeit. Dies erfordert die flächendeckende Anerkennung als Einrichtung der Jugendhilfe.

Wie sehen Sie die Zukunft des Mutter-Kind-Vollzugs in Deutschland? Gibt es bereits vielversprechende Ansätze oder Pilotprojekte, die als Vorbild für andere Bundesländer dienen könnten?

Die Zukunft des Mutter-Kind-Vollzugs in Deutschland muss in erster Linie auf der Vermeidung von Inhaftierungen basieren, insbesondere in Fällen, in denen Kinder betroffen sind. Haftvermeidende Strategien müssen in allen Situationen genutzt werden, um sicherzustellen, dass Mütter und ihre Kinder nicht getrennt werden. Ein entscheidender Aspekt ist die wohnortnahe Unterbringung in kindgerechten Einrichtungen, damit die Kinder in ihrem gewohnten sozialen Umfeld bleiben können und gleichzeitig die Mutter-Kind-Bindung gestärkt wird.

Es ist wichtig, Alternativen zur klassischen Haft stärker in Betracht zu ziehen. Ein Ansatz wie „Erziehungstrainings statt Strafe“ könnte eine sinnvolle Lösung darstellen, ähnlich dem Modell „Arbeit statt Strafe“. Solche Trainings könnten Müttern helfen, ihre Erziehungsfähigkeiten zu verbessern und gleichzeitig vermeiden, dass sie und ihre Kinder durch eine Inhaftierung getrennt werden. Besonders Frauen, die oft kurze Freiheits- oder Ersatzfreiheitsstrafen verbüßen, könnten von diesen Alternativen profitieren.

Auch das Konzept des „Hausfrauenvollzugs“, bei dem die Mütter ihre Strafe zu Hause verbüßen und dabei die Möglichkeit haben, sich um ihre Kinder zu kümmern, könnte unter einem modernen Namen neu aufgelegt werden und wäre eine Möglichkeit, um Inhaftierungen zu vermeiden und gleichzeitig das Wohl der Kinder zu sichern. Solche Ansätze bieten nicht nur eine bessere Perspektive für die betroffenen Familien, sondern entlasten auch den Strafvollzug und die Jugendhilfe.

Ein vielversprechendes Pilotprojekt ist der „Strafvollzug in freien Formen“ im Bundesland Sachsen, das als erstes Bundesland dieses Modell für Frauen eingeführt hat. Es bleibt abzuwarten, ob dieses Konzept auch für Frauen mit Kindern erweitert wird.

Darüber hinaus müssen wir Angebote entwickeln, die es Vätern ermöglichen, gemeinsam mit ihren Kindern untergebracht zu werden.

Der Verein Freie Hilfe Berlin e.V. ist seit vielen Jahren eine zentrale Anlaufstelle in der sozialen Arbeit mit Straffälligen und ihren Familien. Er unterstützt inhaftierte Menschen bei ihrer Wiedereingliederung in die Gesellschaft und bietet zugleich wichtige Hilfen für deren Angehörige, insbesondere auch für Kinder. Das Projekt aufGefangen des Freien Hilfe e.V. legt dabei seinen Schwerpunkt auf inhaftierte Väter, die trotz ihrer Haftzeit den Kontakt zu ihren Kindern halten wollen. Das Ziel ist es, familiäre Bindungen zu stärken und den betroffenen Familien in dieser schwierigen Zeit durch intensive Beratung und Unterstützung zur Seite zu stehen.

 

Das SeitenWechsel-Programm

Eine besondere Möglichkeit, diese oft verborgene und wenig bekannte Arbeit zu erleben, bietet das Programm „SeitenWechsel“. Es richtet sich an Führungskräfte aus der Wirtschaft, die für eine Woche die Gelegenheit erhalten, die Praxis der sozialen Arbeit hautnah zu erleben. Die Teilnehmer*innen tauchen in den Arbeitsalltag von sozialen Organisationen ein. Der Freie Hilfe Berlin e.V. nimmt seit mehreren Jahren regelmäßig am SeitenWechsel-Programm teil.

Praktische Einblicke in die Straffälligenhilfe

Während ihres Aufenthalts bei dem Freie Hilfe Berlin e.V. begleiten die SeitenWechsler*innen die täglichen Abläufe. Dabei erleben sie u.a. die Familienarbeit des Projekts aufGefangen und erhalten tiefere Einblicke in die Herausforderungen und Chancen der Straffälligenhilfe. Die Teilnehmer*innen erleben dabei die Beratung für inhaftierte Väter und erfahren wie wichtig es ist, ihnen zu helfen, die Bindung zu ihren Kindern zu bewahren oder wiederherzustellen. Für die SeitenWechsler*innen wird so greifbar, dass auch straffällig gewordene Menschen liebende Eltern sein können, die das Beste für ihre Kinder wollen. Durch diesen Perspektivenwechsel können die Führungskräfte Vorurteile abbauen und ein tieferes Verständnis für die komplexen Probleme entwickeln, mit denen sowohl die Inhaftierten als auch deren Familien konfrontiert sind.

Beitrag zur Enttabuisierung

Mit dem SeitenWechsel-Programm trägt der Freie Hilfe Berlin e.V. dazu bei, das Thema Straffälligkeit aus der gesellschaftlichen Tabuzone zu holen und das Bewusstsein für die besonderen Lebensrealitäten inhaftierter Eltern und ihrer Kinder zu schärfen. Familien von Inhaftierten sind oft sozial isoliert und stehen am Rand der Gesellschaft. Diese Isolation zu durchbrechen, ist ein wichtiger Schritt, um eine erfolgreiche Wiedereingliederung zu ermöglichen.

Das Programm vermittelt den Teilnehmer*innen nicht nur wertvolle soziale Kompetenzen, sondern erzeugt auch einen Multiplikatoreneffekt: Die Eindrücke und Erfahrungen, die die SeitenWechsler*innen gewinnen, können in die Unternehmenskultur und in die tägliche Teamarbeit einfließen. Diese neu gewonnen Perspektiven sorgen für ein stärkeres soziales Bewusstsein, mehr Offenheit und können in ihrem beruflichen Umfeld neue Impulse setzen.

Bisher hatte der Freie Hilfe Berlin e.V. Seitenwechsler*innen von Firmen wie Vattenfall, Berliner Wasserwerke, dem BER-Airport u.v.m.

Fazit

Das SeitenWechsel-Programm in Kooperation mit dem Freie Hilfe Berlin e.V. ist ein wertvolles Instrument zur Förderung sozialer Kompetenzen und zur Stärkung des Verständnisses für benachteiligte Gruppen.

Der Verein Freie Hilfe Berlin e.V. freut sich darauf, auch in Zukunft weitere SeitenWechsler*innen zu begrüßen und ihnen u.a. die Welt der Straffälligenhilfe näherzubringen.

Weitere Informationen zur Arbeit des Freien Hilfe Berlin e.V. finden Sie hier. Weitere Informationen zu der Teilnahme am SeitenWechsel-Programm finden Sie hier.

Wir möchten Sie auf einen aktuellen und äußerst spannenden Podcast des Deutschlandfunks hinweisen: Eltern im Knast: Und was ist mit den Kindern?. Der Podcast setzt sich intensiv mit den Herausforderungen auseinander, denen Kinder von inhaftierten Eltern täglich begegnen, und zeigt eindrucksvoll, wie wichtig der Schutz und die Wahrung von Kinderrechten im Zusammenhang mit elterlicher Inhaftierung sind.

Ein besonderes Highlight ist das Interview mit Hilde Kugler, der Initiatorin und Leiterin der Bundesinitiative Netzwerk Kinder von Inhaftierten. Sie gibt wertvolle Einblicke aus ihrer langjährigen Erfahrung und spricht über die drängenden Herausforderungen sowie über konkrete Maßnahmen, um die Situation dieser oft vergessenen Kinder nachhaltig zu verbessern.

Dieser Podcast bietet wichtige Impulse für alle, die sich mit dem Thema Kinder von Inhaftierten befassen, und setzt entscheidende Akzente im Hinblick auf Mitbestimmung, Teilhabe und den Schutz von Kinderrechten.